Das Werk von Nicolas Gombert ist nicht in allen Teilen sicher datierbar, da viele seiner Kompositionen ohne genaues Entstehungsdatum überliefert sind. Dennoch lassen sich durch stilistische Analysen, Textverwendung und historische Kontexte ungefähre zeitliche Einordnungen vornehmen. Ich orientiere mich dabei auch an den Gattungen und der stilistischen Reife seiner Werke.
Hier ist eine wahrscheinliche Reihenfolge vom frühesten bis zum spätesten Werken:
Frühe Phase (ab etwa 1520 bis 1530)
Motetten in Josquin-Nachfolge, oft mit klarer Textgliederung und imitatorischer Struktur, aber noch nicht mit der dichten Polyphonie der späteren Werke:
"Musae Jovis" (Trauermotette auf Josquin, wohl um 1521),
"Tulerunt Dominum meum",
"Quam pulchra es".
Diese Werke zeigen noch ein stärkeres Festhalten an der Josquin’schen Klarheit.
Reifezeit am Kaiserhof (im 1530 bis 1540) – Glanzzeit
Komplexe Motettenzyklen, oft mit dichter Imitation, paralleler Stimmführung und dunklem Klangbild (tief liegende Stimmen) haben:
"Hodie nobis de caelo",
"Benedicite Dominum omnes Angeli",
"Lugebat David Absalon",
"Media vita in morte sumus",
"Credidi propter quod locutus sum".
Diese Werke zeigen Gombert auf dem Höhepunkt seiner polyphonen Kunst.
Magnificat-Vertonungen (Primi Toni, Secundi, Tertii et Octavi, Quarti Toni)
Diese könnten ebenfalls in diese Zeit fallen, vielleicht mit Ausnahme des Magnificat Quarti Toni, das oft als etwas später und besonders ausgereift gilt.
Späte Werke / Nach der Verbannung (um 1540 bis 1560)
Nach der überlieferten Bestrafung durch Karl V. soll Gombert in Verbannung komponiert haben. Einige Werke aus dieser Zeit werden als besonders kontemplativ und düster charakterisiert:
Antiphonen und spätere Motetten, etwa:
"Omnes Sancti" (Allerheiligen),
"O beata Maria",
"Ecce nunc benedicite" (wohl für den 18. Dezember),
"Verbum caro factum est" (Weihnachten),
"Respice Domine" (vermutlich für Palmsonntag oder Fastenzeit).
Diese Werke wirken teilweise introvertierter und zeigen eine Konzentration auf dichte Polyphonie ohne klare Zäsuren.
